Polizeichef der Landespolizei Liechtenstein
Die Bedrohung durch Terroranschläge und ein Migrationsdruck, ausgelöst durch Armut, Kriege und zerfallende Staaten in Afrika und der arabischen Welt, machen die öffentliche Sicherheit zum zentralen Thema in Europa. In Liechtenstein ist das nicht anders, obschon wir in Liechtenstein ungleich weniger bedroht sind. Dies ist einerseits dem glücklichen Umstand geschuldet, dass wir im Herzen Europas und des Schengenraums liegen und somit keine eigenen Aussengrenzen haben, andererseits als Kleinststaat in der globalen Politik keine Rolle spielen und somit auch kein lohnenswertes Angriffsziel sind.
Dennoch haben diese Ereignisse auch das Sicherheitsempfinden der Menschen in Liechtenstein beeinträchtigt. Die Erwartung der Menschen, ihr Leben weiterhin in Sicherheit gestalten zu können, ist gerade in unserem Land sehr hoch. Wirft man einen Blick in die Kriminalstatistik, so stellt man fest, dass wir im Schnitt alle zwei bis drei Tage einen Einbruch bzw. Einbruchsversuch haben. Alle drei bis vier Jahre kommt es zu einem Tötungsdelikt, wobei es sich grösstenteils um Beziehungstaten handelt. Betrugsdelikte kommen in Liechtenstein fast gleich häufig vor wie das ‹ Massendelikt › Diebstahl, das bei uns eben keines ist. Strassenkriminalität wie Taschendiebstahl oder räuberische Überfälle kennen wir praktisch nicht. Der öffentliche Raum ist sicher und die Menschen können sich bei Tag und Nacht darin bedenkenlos bewegen. Wir können so mit Fug und Recht behaupten, in einem der sichersten Länder Europas zu leben.
Dies ist natürlich nicht alleine das Verdienst der Landespolizei, wenngleich diese gute Arbeit leistet, wie eine Aufklärungsrate von fast 70 Prozent eindrücklich belegt. Und dies, obschon es sich bei den ermittelten Tätern in gut zwei Dritteln der Fälle um ausländische Staatsbürger handelt, was die Ermittlungen speziell bei sogenannten reisenden Tätern sehr anspruchsvoll macht. Dennoch, eine florierende Wirtschaft mit wenig Arbeitslosen, ein hoher Lebensstandard, ländliche Strukturen mit einer hohen Sozialkontrolle und einem ausgeprägten Verantwortungsgefühl der Menschen für einander bilden ideale Voraussetzungen für eine tiefe Kriminalitätsrate. Nichtsdestotrotz hat die liechtensteinische Sicherheitsarchitektur, die sich in den letzten 50 Jahren herausgebildet hat, einen grossen Anteil am hohen Sicherheitsniveau in unserem Land. Die Zuständigkeit für die öffentliche Sicherheit liegt dabei sowohl beim Land wie auch bei den Gemeinden. Unterstützt werden sie dabei auch von privaten Sicherheitsdienstleistern wie der Argus Sicherheitsdienst AG, mit rund 200 Mitarbeitenden die grösste und älteste existierende Sicherheitsfirma in Liechtenstein.
Die Landespolizei ist die zentrale staatliche Sicherheitsbehörde in Liechtenstein. Ihr ist die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und die Bekämpfung von Straftaten übertragen. Darüber hinaus ist sie für die internationale Polizeikooperation zuständig. Die internationale Vernetzung ist ein zentraler Aspekt der liechtensteinischen Sicherheitsarchitektur. In einem Land von der Grösse Liechtensteins, wo ein Straftäter von jedem möglichen Tatort aus innert 15 bis 20 Minuten im Ausland sein kann, ist erfolgreiche Polizeiarbeit ohne grenzüberschreitende Polizeikooperation undenkbar. Deshalb trat denn auch Liechtenstein bereits 1960 Interpol bei und wurde so Teil der weltumspannenden Polizeiorganisation. 2001 trat der trilaterale Polizeikooperationsvertrag mit Österreich und der Schweiz in Kraft, der es der Landespolizei seither ermöglicht, im kriminalgeografischen Raum Rheintal eng und unkompliziert mit den Nachbarstaaten zusammenzuarbeiten. Der Vertrag erlaubt nicht nur einen schnellen Informationsaustausch mit den Nachbarstaaten, sondern auch gemischte Einsatz- und Ermittlungsteams sowie die gegenseitige personelle Unterstützung. Eine Möglichkeit, auf welche die Landespolizei besonders bei speziellen Straftaten und Grossanlässen unbedingt angewiesen ist. So sind denn auch ausländische Polizeiuniformen in Liechtenstein keine Seltenheit und verdeutlichen, dass Sicherheit in einem Kleinstaat nur in enger internationaler Kooperation zu haben ist. Eine Erkenntnis im Übrigen, welche die Landespolizei bereits 2006 dazu veranlasst hat, zusammen mit den Ostschweizer Polizeikorps eine gemeinsame Polizeischule zu betreiben, wo Aspiranten und Aspirantinnen der Landespolizei gemeinsam mit ihren Ostschweizer Kollegen und Kolleginnen das polizeiliche Handwerk erlernen und so eine ‹ unité de doctrine › bei grenzüberschreitenden Polizeieinsätzen gewährleisten.
Mit dem Zusammenwachsen Europas und dem Abbau von Grenzkontrollen hat die internationale Vernetzung der Polizeibehörden noch mehr an Bedeutung gewonnen. Will man erfolgreich Delikte aufklären und Täter ermitteln, so ist in einem vereinten Europa die Möglichkeit eines schnellen grenzüberschreitenden Informationsaustausches eine unerlässliche Bedingung. Aus diesem Grund hat sich die Regierung auch entschieden, 2011 den Schengen- und Dublin-Abkommen beizutreten sowie 2013 Mitglied bei Europol zu werden. Damit ist Liechtenstein heute Teil sowohl einer globalen als auch europäischen Sicherheitsarchitektur. Dies ermöglicht den frühzeitigen Zugang zu Informationen über sicherheitskritische Entwicklungen und bietet Gewähr, dass die Landespolizei von ihren ausländischen Partnern rechtzeitig über Personen und Vorhaben in Kenntnis gesetzt wird, die eine Gefahr für die Sicherheit in Liechtenstein darstellen könnten. Ein internationales Netzwerk, auf das unser Land heute nicht mehr verzichten kann. Diese sicherheitsbehördliche Vernetzung im internationalen Bereich verlangt natürlich auch nach einer entsprechenden Sicherheitsarchitektur auf nationaler Ebene.
Mit Inkrafttreten des Zollvertrags 1923 wurde das Schweizer Grenzwachtkorps ( GWK ) für die Sicherung der Liechtensteiner Grenzen zuständig und damit quasi ein nationaler Sicherheitspartner für die Landespolizei. Seit bald 100 Jahren unterstützt das GWK die Landespolizei tagtäglich bei der Gewährleistung der Sicherheit in unserem Land und ist so ein unverzichtbarer Partner der Landespolizei geworden. Mit der Revision des Gemeindegesetzes, welches anfangs Juli 2017 in Kraft getreten ist, wurde die Verantwortlichkeit der Gemeinden bzw. der Gemeindepolizei für die öffentliche Sicherheit gestärkt. Ihnen wurden neue weitreichende polizeiliche Befugnisse übertragen. So können Gemeindepolizisten nun Personenkontrollen durchführen, verdächtige Sachen sicherstellen und gar Festnahmen tätigen.